Sportler
Der Begriff "Sportanämie" (HbMänner < 14 g/dl, HbFrauen< 13 g/dl) wird in der einschlägigen Literatur verwendet,
um bei Sportlern die Hämoglobinwerte am unteren Ende des üblichen Normalbereiches zu charakterisieren (32).
Über die Ursache für diese suboptimalen Hämoglobinwerte wurde lange diskutiert. Zumindestens bei
Ausdauersportlern ist eine negative Eisenbilanz als Ursache für niedrige Ferritin und Hb-Werte nachgewiesen.
Mehrere Ursachen kommen in Betracht:
•
gastrointestinaler Blutverlust
•
erhöhter Verlust über den Schweiß
•
erhöhter Verlust über die Nieren
•
intestinale Eisenmalabsorption
•
verminderte Nahrungseisenzufuhr
Ein Problem bezüglich Eisenversorgung ist sicher die ausgewählte Nahrungszusammenstellung von den sehr
schlanken Ausdauersportlern. Kohlenhydrate sind angesagt zum Aufbau von Glykogen(Energie)speichern. Tierische
Fette (also Fleisch) werden gemieden und damit ergibt sich im Mittel eine bezüglich Eisenversorgung schlecht
bioverfügbare Eisenversorgung, von der besonders weibliche Sportler betroffen sind. Der erhöhte Verlust von Eisen
über Schweiß und Urin wird dagegen als sehr gering eingestuft.
In einer Studie an Läufern wurde ein gastrointestinaler Blutverlust nach intensiven Rennen oder Trainingsläufen als
Ursache des sicher größten Eisenverlustes nachgewiesen (Abb. 10).
Abb.10
Gastrointestinaler Blutverlust nach verschiedenen Laufeinheiten bei einem Langstreckenläufer der nationalen
Spitzenklasse (Hamburger Marathonmeister). 59Fe-markierte Erythrozyten wurden in 24h-Stuhlproben gemessen (33).
Diskutiert wird eine transiente Ischämie der intestinalen Mukosa mit anschließenden Zellverlusten und evtl.
Blutungen während der intensiven Muskelblutversorgung, traumatische Schäden des Darmgewebes durch
Pendelbewegungen bei sehr schlanken Läufern, sowie eine Stress-Gastritis (34).
Auch bei anderen Sportarten ist ein niedriger Ferritinwert häufig, auffälligerweise zeigen Fahrradfahrer in Studien
häufig deutlich erhöhte Ferritinwerte. In einer Studie an professionellen Radfahrern wiesen 45 % ein Ferritin > 300
ng/ml auf. Ganz offensichtlich spielt hierfür aber eine hochdosierte Eisentherapie die Rolle, die indirekt auf die
Anwendung von verbotenen Erythropoetin-Injektionen hindeuten könnten (35).
Zusammenfassend sollten alle Ausdauersportler, die intensiv Ausdauertraining, speziell Langlauf als Wettbewerb
oder Trainingsbestandteil betreiben, an eine gute Eisenversorgung denken und regelmäßig ihren Eisenstatus
überprüfen lassen.
Senioren
Die Gruppe der älteren Menschen zählt üblicherweise nicht zu den Risikogruppen für die Entwicklung eines
Eisenmangels, da hier kein erhöhter Eisenbedarf erkennbar ist. Eisenmangel bei Älteren wird deshalb als eher
kleines Problem eingestuft. In NHANES II und III wird Eisenmangelanämie bei 1.2 %, erschöpfte Eisenspeicher
(Serum Ferritin <12 µg/L) nur bei 2.7% berichtet während Eisenüberladung (Serum Ferritin >300 µg/L: 12.9%) für
wesentlich relevanter gehalten wird (36).
Es gibt aber kritische Stimmen in der Literatur, die die wahre Prävalenz von Eisenmangel im Alter höher einschätzen,
weil sekundär erhöhte Ferritinwerte Eisenmangel lavieren können (37). In einer Studie an 472 Senioren im Alter von
63-101 Jahren wurden Ferritinwerte mit Knochenmarksbiopsien verglichen. Senioren mit Ferritinwerten unter 75 µg/l
zeigten danach Anzeichen einer eisendefizitären Erythropoese. Ältere sind auch häufiger anämisch (NHANES III: 11
% der Männer, 10.2 % der Frauen > 65 Jahre) und Eisenmangel allein oder in Kombination mit Vitamin-B12- und
Folsäure ist für 20-35 % der Fälle verantwortlich (38).
Ingesamt könnte also in der Tat die Häufigkeit von Eisenmangel bei älteren bisher unterschätzt worden sein.
Als Ursache für Eisenmangel im Alter kommen in Betracht:
•
ungenügende Versorgung (< 10 mg Eisen/Tag) mit bioverfügbarem Nahrungs-Eisen (z.B. zuwenig
Fleisch). Zahnprobleme können dafür eine einfache Erklärung bieten.
•
unentdeckte gastrointestinale Blutverluste! Einnahme von Aspirin!
Generell ist das Risiko für eine unzureichende Ernährung bei älteren Menschen höher als bei jüngeren
Erwachsenen. Physische, soziale, emotionale Probleme können Einfluss auf den Appetit haben oder die Fähigkeit
zum Kauf, Zubereitung oder Verzehr eine adäquaten Ernährung herabsetzen. Wichtig ist in diesem Zusammenhang,
ob eine Person allein lebt, ob Einkauf und Zubereitung organisiert sind, oder ob medizinische Probleme bestehen
(z.B. Schluckbeschwerden, schlechter Zahnzustand), die die Nahrungsaufnahme beeinflussen können.
Zumindestens eine Eisenmangelanämie aber evtl. auch bereits ein Eisenmangel ohne Anämie ist im Alter wichtiges
diagnostisches Symptom, das unbedingt Anlass für eine sorgfältige Blutungsdiagnostik sein sollte (39). Typische
endoskopische Befunde bei Älteren sind Angiodysplasien vor allem im Colon, Tumoren im gesamten Darmtrakt,
Hiatushernien, „Wassermelonen”-Magen, erosive Gastritis bei chronischer Einnahme von nichtsteroidalen
Antirheumatika, die alle zu akuten und chronischen gastrointestinalen Blut(=Eisen)verlusten führen können.
Literatur
1.
Stoltzfus RJ. Iron deficiency: global prevalence and consequences. Food Nutr Bull 2003; (4 Suppl):S99-103
2.
Global Programme on Evidence for Health Policy Discussion Paper No. 36 World Health Organization November 2001
3.
Zimmermann MB, Chaouki N, Hurrell RF. Iron deficiency due to consumption of a habitual diet low in bioavailable iron: a
longitudinal cohort study in Maroccan children. Am J Clin Nutr 2005;81:115–21
4.
Cook JD, Flowers CH, Skikne BS. The quantitative assessment of body iron. Blood 2003;101:3359–64
5.
Vitamin & mineral deficiency, a global progress report. UNICEF März 2004
6.
Centers for Disease Control and Prevention. Recommendations to prevent and control iron deficiency in the United
States . MMWR 1998;47(No. RR-3)
7.
Liu JM, Hankinson SE, Stampfer MJ, Rifai N, Willett WC, Ma J. Body iron stores and their determinants in healthy
postmenopausal US women. Am J Clin Nutr 2003;78:1160–67
8.
Craig WJ. Health effects of vegan diets. Am J Clin Nutr 2009; 89(5):1627S-1633S
9.
Pynaert I, Delanghe J, Temmerman M, De Henauw S. Iron intake in relation to diet and iron status of young adult
women. Ann Nutr Metab 2007;51(2):172-81.
10.
Wagener IE, Bergmann RL, Kamtsiuris P, Eisenreich B, Andres B, Eckert C, Dudenhausen JW, Bergmann KE.
Prevalence and risk factors of iron deficiency in young mothers. Gesundheitswesen 2000; 62(3):176-8
11.
Waldmann A, Koschizke JW, Leitzmann C, Hahn A. Dietary iron intake and iron status of German female vegans: results
of the German vegan study. Ann Nutr Metab. 2004; 48(2):103-8
12.
Wilson AK, Ball MJ. Nutrient intake and iron status of Australian male vegetarians. Eur J Clin Nutr. 1999; 53(3):189-94
13.
Yip R Changes in iron metabolism with age. In: Brock JH, Halliday JW, Pippard MJ, Bothwell TH, Charlton RW, Cook
JD, Finch CA Iron Metabolism in Man 1979; Blackwell Scientific Publications, Oxford
14.
Bothwell TH, Charlton RW, Cook JD, Finch CA (1979) Iron Metabolism in Man. Blackwell Scientific Publications,
Oxford
15.
Worwood M. The laboratory assessment of iron status-an update. Clin Chim Acta 1997; 259(1-2): 3-23
16.
Dallman PR, Siimes MA, Stekel A. Iron deficiency in infancy and childhood. Am J Clin Nutr 1980; 33:86-118
17.
Halterman JS, Kaczorowski JM, Aligne CA, Auinger P, Szilagyi PG. Iron deficiency and cognitive achievement among
school-aged children and adolescents in the United States. Pediatrics 2001;107:1381-1386
18.
Looker AC, Dallman PR, Carroll MD, Bunter EW, Johnson CL. Prevalence of iron deficiency in the United States. JAMA
1997; 277:973-976
19.
Kazal LA. Prevention of Iron Deficiency in Infants and Toddlers. Am Fam Physician 2002; 66:1217-24,1227
20.
Baerlocher K, Laimbacher J. Ernährung von Schulkindern und Jugendlichen. Monatschr Kinderheilkd 2001; 149:25-34
21.
Schümann K. Safety Aspects of Iron in Food. Ann Nutr Metab 2001; 45:91–101
22.
Hallberg L, Nilsson L. Constancy of individual menstrual blood loss. Acta Obstet Gynecol Scand; 1964; 43:352–9
23.
Hallberg L and Nilsson L. Determination of menstrual blood loss. Scand J Clin Lab Invest 1966; 16: 244–248
24.
Nielsen P et al. Iron status in prospective blood donors. Infusionsther Transfusionsmed 1995; 22 (suppl.1):142-144
25.
Bothwell TH. Iron requirements in pregnancy and strategies to meet them. Am J Clin Nutr 2000; 72:257S–64S
26.
Zeng L, Cheng Y, Dang S, Yan H, Dibley MJ, Chang S, Kong L. Impact of micronutrient supplementation during
pregnancy on birth weight, duration of gestation, and perinatal mortality in rural western China : double blind cluster
randomised controlled trial. BMJ 2008;337:a2001 doi:10.1136/bmj.a2001 2008;
27.
Bodnar LM, Cogswell ME, Scanlon KS . Low income postpartum women are at risk of iron deficiency. J Nutr 2002;
132(8):2298-2302
28.
Kaltwasser JP, Werner E, Seidl S. Eisenmangel durch Blutspenden? Die Beurteilung der Eisenreserven durch
Blutspenden bei Dauerblutspenden mit Hilfe des Serum-Ferritins. Verh Deutsch Ges Inn Med 1978; 84:117-120
29.
Nielsen P, Dietzfelbinger H, Kaltwasser P. Eisenstatus und Eisenbedarf bei Blutspendern. Infusionsther
Transfusionsmed 1995; 22(suppl):145-149
30.
Asmussen L, Magnussen K, Bork N. The effect of a standardized protocol for iron supplementation to blood donors low
in hemoglobin concentration Transfusion. 2008 Apr;48(4):749-54..
31.
Mast AE, Foster TM, Pinder HL, Beczkiewicz CA, Bellissimo DB, Murphy AT, Kovacevic S, Wroblewski VJ, Witcher DR.
Behavioral, biochemical, and genetic analysis of iron metabolism in high-intensity blood donors. Transfusion. 2008
Oct;48(10):2197-204.
32.
Magnusson B, Hallberg L, Rossander L, Swolin B. Iron metabolism and 'sports anemia' II. Acta Med Scand 1984;
216:157-64
33.
Nachtigall D, Nielsen P, Fischer R, Engelhardt R, Gabbe EE. Iron deficiency in distance runners. A reinvestigation using
59Fe-labelling and non-invasive liver iron quantification. Int J Sports Med 1996;17:473-9
34.
Newhouse IJ , Clement DB. Iron status in athletes – an update. Sports Med 1988; 5:337–52
35.
Zotter H, Robinson N, Zorzoli M, Schattenberg L, Saugy M, Mangin P. Abnormally high serum ferritin levels among
professional road cyclists. Brit J Sports Med 2004; 38(6):704-708
36.
Zacharski LR, Ornstein DL,Woloshin S, Schwartz LM. Association of age, sex, and race with body iron stores in adults:
Analysis of NHANES III data. Am Heart J 2000; 140:98-104
37.
Hallberg L Hulthén L. High serum ferritin is not identical to high iron stores. Am J Clin Nutr 2003; 78:1225–7
38.
Holyoake TL, Stott DJ, McKay PJ, Hendry A, MacDonald JB, Lucie NP. Use of plasma ferritin concentration to diagnose
iron deficiency in elderly patients. J Clin Pathol 1993; 46:857-860
39.
E Joosten, B. Ghesquiere B, H Linthoudt, et al. Upper and lower gastrointestinal evaluation of elderly inpatients who are
iron deficient. Am J Med 1999; 107:24-29
© www.eiseninfo.de
Made with MAGIX
Risikogruppen für Eisenmangel
Viele Menschen leiden weltweit an Eisenmangel mit oder
ohne Anämie. Global gesehen ist die häufigste Ursache
eine dem normalen Eisenbedarf nicht entsprechende
Ernährung mit ausreichend bioverfügbarem Eisen. Diese
Mangelernährung betrifft vorwiegend Kinder und Frauen
in Entwicklungsländern. In wirtschaftlich entwickelten
Ländern ist die Ernährungs-situation deutlich besser und
hier finden wir einen leichten Eisenmangel vorwiegend in
Risikogruppen mit individuell erhöhtem Eisenbedarf. Ein
schwerer Eisenmangel kann hier im Einzelfall auch
Symptom von pathologischen Blutverlusten sein, was
medizinisch bedeutsam ist.
Eisentherapie
alterthümliche Form der
Eisentherapie. Fruchtsäure löst
kleine Mengen Eisen auf.