Man kann dabei im wesentlichen zwei verschiedene Formen von Nahrungseisen unterscheiden [2]:
Eisen in pflanzlicher Nahrung (Eisen(III) in „nicht-Häm-Eisen")
Pflanzliches Eisen liegt als dreiwertiges Eisen vor, teilweise fest gebunden an bestimmte
Kohlenhydrate. Um aufgenommen werden zu können, muss pflanzliches Eisen in freier, ionisches Form
im Darmsaft erscheinen und eine gewisse Zeit löslich bleiben. Dies ist aber unter den gegebenen
chemischen Bedingungen im Darm sehr schwierig, weil dreiwertiges Eisen bei dem neutralen pH-Wert
des Darmtraktes extrem schwer löslich ist. Zusätzlich muss dreiwertiges Eisen durch ein Enzym
(dcytb1) erst zu zweiwertigem Eisen (Fe2+) reduziert werden, denn nur diese Form wird über den
kürzlich entdeckten zweiwertigen Metallionentransporter, DMT1, in die Darmzelle aufgenommen [3].
Pflanzliches Eisen ist deshalb generell schlecht bioverfügbar und relativ große Mengen sind notwendig,
um den täglichen Bedarf aus dieser Nahrungsform allein zu befriedigen. Pflanzliches Ferritin soll nach
Arbeiten von E. Theil eine sehr gute Bioverfügbarkeit aufweisen. Welche Relevanz dies für eine
vegetarische Ernährung hat ist aber bisher unklar [4].
Eisen in tierischer Nahrung (Eisen(II) in „Häm-Eisen")
Eisen in Fleisch, Fisch, Geflügel liegt vorwiegend gebunden in den Proteinen Myo- und Hämoglobin vor.
Für diese Form des Nahrungseisen hat die Evolution einen eigenen Rezeptor in der
Bürstensaummembran der Darmzelle entwickelt. Dieser spezifische Aufnahmeweg und die Tatsache,
dass dieses „Häm-Eisen" in dem für freies Eisen sehr ungünstigem Milieu des Darmlumens geschützt
vorliegt, sorgen dafür, dass Fleisch-Eisen sehr gut über einen eigenen Häm-Transporter (HCP1)
aufgenommen wird. Die Evolution hat sich offenbar die Mühe gemacht, solch einen
Aufnahmemechanismus für Fleischeisen auszubilden. Eisen in Milch oder Käse ist gebunden an das
Protein Laktoferrin und wird in dieser Form ebenfalls über einen eigenen Rezeptor aufgenommen,
allerdings ist der Eisengehalt von Kuhmilch relativ gering. Die in allen Nahrungsmitteltabellen als sehr
eisenreich eingestufte Leber (Rind, Schwein) weist im Vergleich zu „Häm-Eisen" jedoch nur eine
vergleichsweise geringe Bioverfügbarkeit auf. Hierbei handelt es sich im wesentlichen um dreiwertiges
Eisen aus dem Speicherprotein Ferritin erst im Darmlumen herausgelöst werden und dabei zum großen
Teil als unlösliches Eisenhydroxid, ähnlich wie das pflanzliche Eisen, ausfällt.
Hemmstoffe der Eisenabsorption
Einen weiteren wichtigen Einfluss auf die Bioverfügbarkeit von Nahrungseisen haben bestimmte
Hemmstoffe, die in vielen pflanzlichen Nahrungsmittel vorhanden sind, wie z.B. pflanzliche Polyphenole
in Tee (Tannine) oder Hülsenfrüchten; Phytate in Getreiden, Nüssen, Hülsenfrüchten; pflanzliche "nicht-
Stärke-Polysaccharide" in Getreiden, sowie Calcium und Phosphat (1,3) Die Wirkung dieser Inhibitoren
beruht auf einer Komplexierung bzw. teilweise Ausfällung von ionischem Eisen im Gastrointestinaltrakt,
sodass die Konzentration von absorbierbarem, löslichen Eisen im Darmlumen deutlich abnimmt [2].
Eine Tasse schwarzer Tee zu einer Mahlzeit kann den größten Teil des pflanzlichen Eisens binden.
Wichtig ist, das „Häm-Eisen" durch diese Hemmstoffe nicht erreicht werden kann, weil das Häm-System
das Eisen vor einer solchen Komplexierung schützt. Die Fleisch-Eisenaufnahme ist z.B. durch Tee nicht
hemmbar. Vitamin C in der Nahrung schützt ionisches Eisen im Darm vor dem Ausfällen und hat somit
einen positiven Einfluss auf die Bioverfügbarkeit von Nahrungseisen. Dies gilt auch für Abbauprodukte
von tierischem Eiweiß, die offenbar auch die Nahrungseisenabsorption stimulieren können
(„Fleischeffekt"). Für eine orale Eisentherapie mit einem Fe2+-Präparat wird dagegen meist kein
Vitamin C gebraucht, wenn das Präparat schnell gelöst wird und einige Zeit löslich bleibt.
Vegetarier und Hypokaloriker
In wirtschaftlich entwickelten Ländern gibt es den Trend hin zu einer vegetarischen Diät, die offenbar für
viele Bürger gesundheitliche Vorteile bringt. Diese Kostform ist ballaststoffreich, reich an Folsäure,
Vitamin C und E, Kalium, Magnesium, Pfanzeninhaltstoffe wie Flavonoide, bevorzugt ungesättigte
Fettsäuren gegenüber gesättigten Fettsäuren. Veganer sind schlanker, haben niedrigere Werte für
Serum-Cholesterin und arteriellen Blutdruck. Das Risiko für kardiovaskuläre Erkrankungen, Diabetes
und Krebserkrankungen wird bei Vegetariern langfristig als signifikant geringer eingeschätzt als bei
Personen mit fleischbasierter Ernährung (8).
Klar ist aber auch, dass eine pflanzen-basierte Kost die Absorption von Eisen, Zink und Vitamin-B12
deutlich beeinträchtigt. Vegetarier und Veganer haben niedrigere Eisenspeicher und ein höheres Risiko
für Eisenmangel mit und ohne Anämie (9). Das gilt auch für wirtschaftlich entwickelte Länder und damit
auch für Deutschland (10, 11). Studien zeigen, dass bereits männliche australische Vegetarier im Mittel
mehr Nahrungseisen einnehmen aber niedrigere Eisenspeicher aufweisen und signifikant häufiger
Eisenmangel zeigen als omnivore Männer (12). Die vegetarische Ernährung ist bei Kindern und
menstruierenden Frauen ein eindeutiger Risikofaktor für Eisenmangel. In der deutschen
Vegetarierstudie nahmen 42% der veganischen Frauen < 50 Jahre weniger als 18 mg/Tag Eisen mit
der Nahrung auf, was als notwendiger Wert vom US Food and Nutrition Board definiert wird. 40%
dieser Frauen zeigten keinerlei Eisenspeicher (Serum-Ferritin <12 ng/ml) und standen somit kurz vor
der Eisenmangelanämie (11). Risikogruppen für Eisenmangel sollten deshalb ihren individuellen
Eisenstatus regelmäßig untersuchen lassen und bei veganischer Ernährung dann zu einer
Eisensubstitution greifen, um die Entwicklung eines Eisenmangels zu verhindern.
Ernährung als Therapieprinzip bei Eisenmangel?
Bei einem schweren Eisenmangel (Eisenmangelanämie) fehlen erhebliche Eisenmengen > 500 -1000
mg. Eine Ernährungsumstellung allein (Motto: ”ich esse jetzt auch mal Fleisch”) kann daher nur wenig
wirksam sein und kann z.B. bei Schwangeren das hohe Eisendefizit nicht rasch ausgleichen. Hier ist
eindeutig eine Eisentherapie in geeigneter Form vorzuziehen (Mittel der ersten Wahl: orale
Eisentherapie mit einem wirksamen Eisenpräparat mit 50-100 mg Fe2+/Tag, am besten morgens
nüchtern). Ein Veganer ist daher auch besser beraten, seine objektiv einseitige Ernährungsform mit
den fehlenden Faktoren (z.B. Eisen, Vitamin-B12) intelligent medikamentös in der richtigen Dosierung
auszugleichen.
Ernährung bei Eisenüberladungserkrankungen
Eine erhöhte Nahrungseisenaufnahme führt bei der Hämochromatose oder bei den sogenannten “iron-
loading-anemias” zu eiseninduzierten Organschäden. Auch hier gilt: eine Ernährungsumstellung (z.B.
eisenarme, vegane Ernährung) ist gut gemeint und kann etwas mithelfen, den zukünftigen Schaden zu
begrenzen. Allein ist dies aber als Therapie im Regelfall viel zu wenig und zu langsam wirksam und
sollte nur bedingt eingesetzt werden, was besonders für Kinder im Wachstum gilt.
So empfehlen wir Patienten mit Hämochromatose keine besonders eisenarme Diät, sondern die
Ausrichtung an die allgemeinen Empfehlungen für eine gesunde Lebensführung: mediterane Kost mit
täglich frischem Obst und Gemüse, nicht täglich Fleisch oder Fisch, ausreichend Flüssigkeitszufuhr,
nicht Rauchen, Alkohol nur in Maßen, kein starkes Übergewicht, regelmäßige sportliche Betätigung.
Die Eisenreduktionstherapien sei es durch Aderlässe oder durch einen Eisenchelator sind meist
wirksam genug, um die überschüssige Eisenspeicherung rasch abzubauen.
Literatur
4. Lönnerdal B, Bryant A, Liu X, Theil EC.Iron absorption from soybean ferritin in nonanemic
women. Am J Clin Nutr. 2006 Jan;83(1):103-7.
8.
Craig WJ. Health effects of vegan diets. Am J Clin Nutr 2009; 89(5):1627S-1633S
9. Pynaert I, Delanghe J, Temmerman M, De Henauw S. Iron intake in relation to diet and iron
status of young adult women. Ann Nutr Metab 2007;51(2):172-81.
10. Wagener IE, Bergmann RL, Kamtsiuris P, Eisenreich B, Andres B, Eckert C, Dudenhausen JW,
Bergmann KE. Prevalence and risk factors of iron deficiency in young mothers. Gesundheitswesen
2000; 62(3):176-8
11. Waldmann A, Koschizke JW, Leitzmann C, Hahn A. Dietary iron intake and iron status of
German female vegans: results of the German vegan study. Ann Nutr Metab. 2004; 48(2):103-8
12. Wilson AK, Ball MJ. Nutrient intake and iron status of Australian male vegetarians. Eur J Clin
Nutr. 1999; 53(3):189-94
Abb. 1: Regulation der intestinalen Eisenabsorption von tierischem und pflanzlichem Eisen.
Modifiziert nach P. Nielsen „Eisen-Pharmakotherapie von Eisenmangel und
Eisenüberladung „ in „Allgemeine und spezielle Pharmakologie & Toxikologie„ 11. Aufl.
2013, Elsevier